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Energiesparen: Lohnt sich ein Passivhaus?

Passivhaus - Umwelt- und Klimafreundlich

Klimawandel und steigende Energiekosten – diese beiden Themen gehen derzeit durch alle Medien und werden heiß diskutiert. Letztendlich führen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Erderwärmung und des Klimawandels zu massiv steigenden Energiekosten. Für Hausbesitzer ist demnach ein erstrebenswertes Ziel, die eigene Immobilie möglichst energieeffizient zu gestalten. Energieeffizienz wird unter anderem dadurch erreicht, dass möglichst wenig der teuer produzierten Wärme in einem Gebäude an die Umgebung abgeben wird. Je weniger Energie nach außen dringt, desto weniger muss produziert werden. Eine scheinbar einfache Rechnung.

Das Maximum an Energieeffizienz bieten derzeit die sogenannten Passivhäuser. Ein Passivhaus ist ein Gebäude, das in der Regel keine klassische, wassergeführte Gebäudeheizung benötigt. Dies wird durch die hohe Wärmedämmung und das Funktionsprinzip, mit Hilfe von Wärmetauschern Lüftungswärmeverluste signifikant zu reduzieren, erreicht. Diese Gebäude werden als „passiv“ bezeichnet, weil der überwiegende Teil des Wärmebedarfs aus passiven Quellen wie Sonneneinstrahlung sowie Abwärme von Personen und technischen Geräten stammt. Das Ergebnis ist ein niedriger Energieverbrauch.

Jedoch haben Passivhäuser nicht nur die Vorteile niedriger Betriebskosten und maximaler Umwelt- und Klimafreundlichkeit. Sie bringen auch einige Nachteile mit sich, die wir im Folgenden erklären. Letztlich bleibt es den Immobilienbesitzern überlassen, ob das eine das andere überwiegt.

Passivhaus für niedrige Betriebskosten

Kriterien für den Passivhaus-Standard

Damit eine Immobilie als Passivhaus bezeichnet (und gefördert) werden kann, muss sie strenge Kriterien erfüllen. Diese Zertifizierungskriterien wurden vom Passivhaus Institut (PHI) festgelegt – einem unabhängigen Forschungsinstitut aus Darmstadt. Erfüllt ein Gebäude alle Kriterien, kann es durch das PHI beziehungsweise einen durch das PHI akkreditierten Passivhaus-Zertifizierer das Siegel „Passivhaus“ erhalten. Der Nachweis über die Einhaltung der Kriterien erfolgt mit dem Passivhaus-Projektierungspaket (PHPP), was wiederum für die KfW-Förderung von Bedeutung ist.

Da es in Altbauten sehr schwierig und aufwendig ist, den Passivhaus-Standard zu erreichen, kann dort eine weniger strenge Zertifizierung als „EnerPHit“ oder sogar als „PHI-Energiesparhaus“ angestrebt werden. Der PHI-Energiesparhaus-Standard eignet sich für Gebäude, die aus verschiedenen Gründen die Passivhaus- oder EnerPHit-Kriterien nicht ganz erreichen.

Vorteil: Sehr Niedrige Energiekosten

Der Heizenergieverbrauch eines Passivhauses darf maximal bei 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr liegen. Dies entspricht rechnerisch einem Energiegehalt von etwa 1,5 Liter Heizöl oder 1,5 Kubikmetern Erdgas. Bei einem normalen Gebäude liegt der Verbrauch bei 15 Litern und mehr. Folgerichtig sind die Heizkosten beim Passivhaus deutlich niedriger.

Rechenbeispiel

Für ein Passivhaus mit 120 Quadratmetern Wohnfläche entsteht theoretisch ein Heizenergieverbrauch von 180 Litern Heizöl. Bei einem derzeitigen Heizölpreis von durchschnittlich 80 Euro errechnet sich ein Jahresgesamtpreis von 144 Euro für Heizöl. Der Heizölverbrauch eines „normalen“ Gebäudes liegt bei etwa 1.800 Litern pro Jahr, das sind rechnerisch 1.440 Euro Heizkosten.

Die Einsparung durch ein Passivhaus liegt demnach bei Faktor 10. Das ist ein gewichtiger Pluspunkt.

Passivhaus

Nachteil: Mehrkosten bis zu 30 Prozent

Umgekehrt liegen die Baukosten für ein Passivhaus – je nach Größe und Ausstattung – zwischen 15 und 30 Prozent höher als bei Errichtung einer konventionellen Immobilie, welche die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009 erfüllt.

Eine Studie der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) aus dem Jahr 2019 beziffert die Baukosten für Häuser im EnEV-2016-Standard mit durchschnittlich 1.666 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Beim Effizienzhaus steigt der Wert laut Analyse auf 1.926 Euro pro Quadratmeter.

Die hohen Kosten hängen mit der aufwendigen Dämmung der Außenwände zusammen. Denn diese sollen luft- und winddicht, wärmebrückenfrei und extrem wärmegedämmt sein. Hier kommen in der Regel Wärme­dämm­verbund­systeme zum Einsatz. Dabei handelt es sich um Kunststoffplatten, die auf dem Putz aufgetragen werden. Möglich ist auch eine Holzverschalung, bei der der Zwischenraum zur Hauswand mit Dämmstoff aufgefüllt wird.

Ziel bei allem ist, durch diese Außenhülle den Energieverbrauch zu senken und Wohnkomfort zu gewinnen. Das Passivhaus soll den Wärmeverlust des Hauses bis zu 90 Prozent minimieren. Die nötige Restheizwärme wird dann über eine Lüftungsanlage erreicht, die gleichzeitig warmes Wasser aufbereitet. Dies sind sogenannte Kompaktanlagen. Das Institut für Landes- und Stadt­ent­wicklungsforschung, ILS-NRW, gibt für die Kosten einer solchen Lüftungsanlage einen Richtwert von 65 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche oder rund fünf Prozent der Baukosten bei Einfamilien-Einheiten an.

Energiesparen mit einem Passivhaus

Vorteil: Üppige Fördermittel

All diese hohen Investitionskosten gleichen sich durch verschiedene Fördermittel fürs Energiesparen aus: Passivhäuser werden im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) durch Förder­kredite und Zuschüsse finanziell unterstützt.

Die KfW-Kredite 261 und 262 bieten Ihnen beispielsweise einen Förderkredit ab 0,76 % effektiver Jahreszins für Sanierung, Neubau und Kauf eines Effizienzhauses mit einer Gesamtsumme von bis zu 150.000 Euro je Wohneinheit. Ein Passivhaus ist automatisch auch ein Effizienzhaus 40, da die hierfür benötigten Anforderungen (über-)erfüllt werden. Zusätzlich gibt es einen Tilgungszuschuss von 25 Prozent, also bis zu 37.500 Euro.

Möchten Sie Ihr Passivhaus mit einem Zuschuss finanzieren, können Sie für ein Effizienzhaus den Zuschuss Wohngebäude (461) nutzen. Hier zahlt die KfW für die Komplettsanierung, Bau und Kauf eines Effizienzhauses einen Sanierungszuschuss bis zu 75.000 Euro je Wohneinheit oder einen Bauzuschuss bis zu 37.500 Euro je Wohneinheit. Das übliche Nachweisverfahren über den Passivhausstandard, das bereits erwähnte PHPP-Projektierungspaket, erkennt die KfW bei Entsprechung der eigenen Mindestanforderungen an.

Passivhaus - für ein Maximum an Energieeffizienz

Nachteil: Gefahr von Schimmelbildung

Die luftdichte Außendämmung hat allerdings den negativen Effekt, dass Feuchtigkeit nicht austreten kann. Dadurch bilden sich schneller Schimmelpilze. Die Hausbewohner können durch dieses feuchte Raumklima Allergien bekommen. Gleichzeitig leidet die Bausubstanz. Auch die Regulierung der Warmluftströme für einzelne Räume wird oft kritisch bewertet. Die Schimmelbildung haben wir bereits in einem früheren Artikel über Dreifachverglasung thematisiert. Im Grunde können Sie Schimmelpilzen durch korrektes Lüften entgegenwirken. Dies sollten Sie beim Passivhaus aber vermeiden, weil damit auch wertvolle Wärme verloren geht, die ohne Heizanlage nicht schnell wieder einkehrt. Hier helfen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Diese Art von Anlagen sind teuer und störungsanfällig. Außerdem ist die Lüftungsanlage abhängig vom Strom – bei einem Stromausfall funktioniert sie nicht mehr.

Die hohen Kosten für ein Passivhaus entstehen weiterhin durch die bereits erwähnten dreifach verglasten Fenster: Sie verringern Wärmeverluste aufgrund der niedrigen Wärmedurchgangskoeffizienten. Zugleich fangen sie Sonnenergie ein und speichern sie in Räumen und Wänden. Das Passivhaus gewinnt also solare Energie und verringert gleichzeitig Wärmeverluste.

Passivhaus - Umwelt- und Klimafreundlich

Fazit

Bei unserem Beispielpassivhaus mit 120 Quadratmetern Wohnfläche würden nur die Mehrkosten für den Neubau von rund 32.000 Euro durch den Tilgungszuschuss kompensiert. Hinzu kommt, dass die Eigentümer zu 100 Prozent von den niedrigeren Energiekosten profitieren. Gerade jetzt, wo Preise rund um Gas und Öl steigen, ist das ein großer Vorteil.

Laut verschiedenen Studien soll ein Passivhaus nach 50 Jahren gegenüber einem normalen Haus ohne besondere energieeffiziente Maßnahmen bis zu 100.000 Euro einsparen. Und: Ein Passivhaus produziert bis zu 4.000 Kilogramm weniger CO2 im Jahr.

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