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Individualität an den Wänden ist im Kommen

Röhrender Hirsch vor weißer Raufasertapete? Da war einmal. Seit einigen Jahren treiben es deutsche Wände immer bunter. Der neueste Hit: Die Tapete im Internet ganz individuell selbst entwerfen und fertig gedruckt nach Hause schicken lassen.

Von der Barocktapete mit Samt zum Wandtattoo: Wände im Wandel

Wer gerne historische Gebäude besucht, kennt die schweren, mit Samt verzierten Barocktapeten, die einst die Wände zierten und heute im Rahmen des Vintage-Trends wieder häufiger gesichtet werden. Auch Rokoko, Biedermeier und Jugendstil mochten es bunt. Wer auf die lange Geschichte der Tapete blickt, bemerkt schnell, dass die einfarbige Monotonie der letzten Jahrzehnte eher die Ausnahme als die Regel war. „Funktionalität vor Design“ hieß seit den 90er-Jahren die Devise und Millionen Menschen begannen, ihre Wände mit schlichter Raufasertapete zu bekleben oder ganz einfach zu streichen. Bevorzugt in Weiß. Schon eine mit Blau oder Orange gestrichene Wand galt als völlig verrückt.

Seit einigen Jahren werden alte Trends wieder neu entdeckt und Wände dürfen in allen Farben des Regenbogens schillern. Verspielte Bordüren dicht unter der Zimmerdecke oder auf halber Höhe machten zunächst noch etwas zaghaft den Anfang bei den individuelleren Designs. Bald darauf folgten Wandtattoos, die vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten von der schlichten Skyline in Schwarz bis zu fröhlich-bunten Blümchen und Schmetterlingen boten. Zuletzt erlebte die Fototapete ihr großes Comeback.

Schon in den 70er-Jahren war die Fototapete Kultobjekt in Teenagerzimmern, doch bei den Motiven blieb es meist beim klassischen Palmenstrand oder beim lichtdurchfluteten Wald. Heute sind die Gestaltungsmöglichkeiten schier unendlich: Skyline der Lieblingsstadt bei Tag oder bei Nacht, Zen-Garten oder gar Aquarium. Wer besonders pfiffig sein will, wählt eine Fototapete mit scheinbarem Fensterrahmen und gaukelt dem Besucher so einen traumhaften Ausblick in einen blühenden Garten oder auf eine sonnenübergossene Küste vor.

Der neue Hit der Individualisten: Tapete selbst gestalten

Geht spätestens beim dritten Bekannten der Blick auf den gleichen Abschnitt der italienischen Amalfiküste oder den Comer See, verliert auch die schönste Fototapete ihren Reiz. Echte Individualisten sind daher schon einen Schritt weiter: Jede Tapete wird mit unterschiedlicher Farbgebung und individuellen Designelementen zu einem echten Unikat, das sich obendrein perfekt an die Farbgestaltung des Zimmers anpasst. Wer unbedingt das leuchtend violette Sofa kaufen musste, kann nun die Tapete farblich perfekt darauf abstimmen. Obendrein besteht die Möglichkeit, lediglich eine oder zwei Bahnen zu bestellen oder ausreichende Bahnen für das ganze Zimmer. Dies ist sinnvoll, wenn die Wände ohnehin teilweise von Schränken oder Regalwänden verdeckt sind und daher kein besonderes Design benötigen. Stattdessen wird mit nur einer oder zwei Bahnen bewusst ein pfiffiger Akzent gesetzt.

Neuer Trend „Storytelling“ an den Wänden

Das Buzzword Storytelling entstand zunächst in der PR- und Marketing-Welt und wird vor allem in Social Media-Kanälen genutzt. Gemeint ist die sorgfältige Inszenierung einer „Geschichte“ in der Werbung, um neue Produkte an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Längst hat das Storytelling auch das Privatleben erreicht: Bei Instagram wird sich kunstvoll in Szene gesetzt, um eine (meist frei erfundene) Geschichte zu suggerieren und wenn es nur „Ich bei Starbucks“ ist. Als nächstes ist nun die Wohnungseinrichtung dran: Mithilfe einer strukturierten Tapete wird die Stahlwand einer alten Industriehalle vorgegaukelt und die Fototapete zaubert eine riesige Bücherwand voller verstaubter aller Klassiker ins Zimmer. Mit dem passenden Chesterfield-Sofa davor wird so selbst die kleinste Ein-Zimmer-Wohnung in Friedrichshain zu Downton Abbey.

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